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Berthoud Jean-Michel, Zeugnis

Berthoud Jean-Michel, geboren 1948, Sektionen Bern und Zürich

Name, Vorname, Geburtsdatum, soziale Herkunft, familiäre Herkunft, Stadt/Region während der RML-Zeit, Bildungsweg. Herkunftsland/-region für die eingewanderten Mitglieder. Status zur Zeit des Beitritts zur RML: ledig, verheiratet, andere Form der Partnerschaft, Anzahl Kinder. Beruflicher Werdegang und heutige Situation.

Berthoud, Jean-Michel, 27.12.1948. Mittelstand, Vater Chefbeamter, Mutter Hausfrau, wie das damals üblich war, obwohl sie eine mindestens so gute Ausbildung hatte wie mein Vater.
Bern. Literatur-Gymnasium Kirchenfeld, Buchhändlerlehre: Eidgenössisches Buchhändlerdiplom (1972).
Status zur Zeit des RML-Beitritts: ledig. Verheiratet seit 1984 mit Annette Frei, zwei Kinder: Djamila (1984) und Sélim (1988).
1973 –1975: Stage bei der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA), Aufnahme ins Redaktoren-Berufsregister (BR).
1976 – 1980: Co-Chefredaktor „LeserZeitung“ und Redaktor „Tell“, Mitarbeiter der „WochenZeitung“(WOZ).
1980 – 1986: Leiter Information und Marketing beim Schweizerischen Arbeiterhilfswerk SAH, Chefredaktor des dreisprachigen (d, f, i) SAH-Organs „Arbeiter-Solidarität“.
1984 – 1994: Nachrichten-Sprecher/Redaktor bei Schweizer Radio International (SRI/SRG).
1994 – 2004: Redaktor/Moderator/Journalist bei SRI (heute swissinfo.ch).
2004 – 2012: Journalist/Online-Redaktor/News-Co-Produzent bei swissinfo.ch (SRG).
Ab 2013 (als AHV-Rentner): Tätigkeit als freier Journalist, Übersetzer, Kommunikationsberater und Sprachlehrer.
www.jmberthoud.com
www.berthoud-media.com

VOR DEM BEITRITT ZUR RML
Berufliche Erfahrung, Mitgliedschaften/Aktivitäten in Gewerkschaften, NGO’s, Parteien oder andern Vereinigungen/Bewegungen. Erstes aktivistisches Engagement. Dein aktivistischer Werdegang. Interesse für die Entwicklung in der Schweiz und/oder in der Welt.
Buchhändler, Bibliothekar, Journalist. Mitglied der (linken) Schweizerischen Journalisten-Union (SJU). Mein erster aktivistischer Werdegang: Comité Indochine Vaincra. Der antiimperialistische Kampf stand für mich im Mittelpunkt. Dass die offizielle Schweiz und die CH-Medien (mit ganz wenigen Ausnahmen) die US-Intervention in Vietnam unterstützten, bewirkte bei mir, mich auch im eigenen Land gegen die „herrschende Klasse“ zu engagieren.

Anlass und Gründe zu deiner RML-Mitgliedschaft in welcher Sektion. Welches waren Deine Erwartungen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene und was erwartetest Du von Deinem eigenen Leben. Wichtigste Motive für Dein Engagement: bereits laufende gesellschaftliche Entwicklungen beschleunigen, Ungerechtigkeiten stoppen, Teilhabe an einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Neugestaltung, eine bestimmte Gegebenheit/ein bestimmtes Problem.

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Die RML war für mich damals die einzige Partei, die sich konkret und ehrlich für den Kampf des Vietcong gegen den US-Imperialismus engagierte. Aber auch andere Bereiche (innenpolitisch: Armee, soziale Gerechtigkeit, wie auch ideologisch: antistalinistisch) bewogen mich, der trotzkistischen RML beizutreten (Sektion Bern). Was auch wichtig für diesen Entscheid war: Die kulturellen Interessen der RML-GenossInnen (Musik, Literatur, Theater etc.) waren den meinigen sehr ähnlich. Grosse Erwartungen auf lokaler und nationaler Ebene hatte ich nicht unbedingt, die politischen Realitäten in der Schweiz sah ich schon damals relativ „realistisch“, d.h. nicht eben revolutionär, wie das
unsere Chefideologen (nicht böse gemeint ...) uns immer wieder klar zu machen versuchten.
Ganz anders auf der internationalen Ebene: Da war ich sehr optimistisch, dass der antiimperialistische Kampf erfolgreich sein könnte (was er ja zum Teil auch war: Vietnam, portugiesische Kolonien, Nicaragua etc.).
Mit einer Aktivität in der RML erhoffte ich mir, bereits laufende gesellschaftliche Entwicklungen zu beschleunigen, Ungerechtigkeiten zu stoppen und die Gesellschaft in der Schweiz grundsätzlich neu zu gestalten – trotz meiner „realistischen“ (s. oben) Einschätzung der Möglichkeiten in einer durch und durch bürgerlichen Schweiz. Wichtig für meine politische Entwicklung waren sicherlich auch meine - für damalige Zeiten - sehr (links)liberalen Eltern (die Mutter war schon fast revolutionär, sie wurde für ihr politisches Engagement, z.B. gegen die Pinochet-Diktatur, fichiert), die sehr offen für neue gesellschaftliche Entwicklungen waren.

ALS RML-MITGLIED
Was zog Deine Aufmerksamkeit, Deinen Enthusiasmus, Deinen Willen zum Handeln besonders an, nachdem Du die ersten Erfahrungen als RML-Mitglied gemacht hast?
Für mich besonders wichtig war das politische und intellektuelle Umfeld in der RML. Da wurden Engels, Marx, Lenin, Trotzki im historischen Kontext grundsätzlich diskutiert, die sog. Schulungskurse, die rückwirkend gesehen natürlich ziemlich dogmatisch erscheinen mögen, waren eine Top-Schule für dialektisches Denken und letzten Endes auch für argumentative und rhetorische Fähigkeiten, von denen ich im späteren Berufsleben und bis heute profitiere (auch „fremdsprachlich“, da die LMR/RML ja in der Romandie entstanden ist und viele Schulungskurse bzw. Sitzungen in französischer Sprache stattfanden).

In welchen Gremien und Strukturen der RML warst Du aktiv? Beschreibe Deine Entwicklung innerhalb der RML, allfällige Wechsel der Sektion, der Aktionsfelder usw. – wenn möglich mit Daten.
Ich war vor allem in den Bereichen Antiimperialismus und Armee (Soldatenkomitee) aktiv. Den Bereich Antiimperialismus konnte ich auch mit meinen beruflichen Tätigkeiten verbinden (Journalismus, Hilfswerke wie SAH). Ich verfasste auch zahlreiche interne Analysepapiere und schrieb Artikel für das RML/SAP-Organ „Bresche“. Da ich 1984 in Zürich eine Familie gründete, aber teilzeitmässig in Bern arbeitete, war ich sozusagen in beiden Sektionen (Bern und Zürich) tätig.

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In welchen „breiten“ Strukturen und Organisationen warst Du hauptsächlich aktiv: Parlamente, Gewerkschaften, Frauenorganisationen, Migrationsorganisationen usw.?
Ich war im Soldatenkomitee aktiv sowie in diversen antiimperialistischen Organisationen (Palästina, Nicaragua), aber vor allem in der Anti-Apartheid-Bewegung (AAB) als Sekretär und Zeitungsredaktor „Anti-Apartheid-Nachrichten“ (AAN).
In welchen Bereichen hast Du Dich besonders engagiert: allgemeine Politik mit dem Schreiben von Artikeln und Flugblättern, in der internen Schulung, in der Jugend-, antimilitaristischen, Betriebs-, internationalen, Migrations-, praktischen Arbeit usw. und/oder als bezahlteR SekretärIn? Warst Du auf lokaler oder auch nationaler/internationaler Ebene aktiv?
Ich engagierte mich mit dem Schreiben von „Bresche“-Artikeln und Flugblättern, in der internen Schulung (Antiimperialismus) und in der antimilitaristischen Arbeit.

Wie hast Du den Alltag eines Aktivisten, einer Aktivistin erlebt? Fühltest Du Dich von gewissen sozialen und/oder familialen Zusammenhängen abgeschnitten? Was wurde aus Deinen früheren Freizeitbeschäftigungen?
Den Aktivistenalltag erlebte ich manchmal als etwas mühsam und streng, doch liess ich mich davon nie beeindrucken. Meine sozialen Kontakte (die ebenfalls alle links waren) bzw. mein Familienleben wurden durch meine RML-Mitgliedschaft nie beeinträchtigt. Meine Freizeitbeschäftigungen verfolgte ich ohne Einschränkungen weiterhin.

Hattest Du Kontakt zu AktivistInnen anderer linker Organisationen (MaoistInnen,SozialistInnen, PdA, POCH, PSA usw. Wie beurteiltest Du die Politik der RML gegenüber diesen Organisationen?
Ich hatte gute, vor allem persönliche Kontakte zu SP-(Juso) und POCH-Mitgliedern. Rückwirkend muss ich sagen, dass die RML-Politik gegenüber anderen linken Organisationen zum Teil sektiererisch war. Umgekehrt war es genau gleich, bzw. schlimmer, vor allem bei den eher stalinistischen Parteien.
Wichtig war aber für mich schon damals die persönliche Ebene. Mit offenen, undogmatischen Genossinnen und Genossen anderer Linksparteien hatte ich immer gute persönliche Beziehungen.

Wie beurteiltest Du die Arbeitsbelastung (viele und lange Abend- und Wochenendsitzungen, Flugblattaktionen am frühen Morgen) und die finanziellen Beiträge an die Organisation?
Im Rückblick muss ich sagen: Die Verpflichtungen als RML-Mitglied (Arbeitsbelastung, viele und lange Abend- und Wochenendsitzungen, Flugblattaktionen am frühen Morgen und die finanziellen Beiträge an die Organisation) waren ja wirklich absurd...
Damals nahm ich (man) das (mit leichtem Murren) ja noch in Kauf, aber aus heutiger Sicht...
A propos Flugblattaktionen am frühen Morgen: Oft habe ich zusammen mit „ehrenwerten“ Genossinnen und Genossen am Vorabend der frühmorgendlichen Flugblattaktion nach einigen Drinks die Flugis in einen Abfallkübel im Bahnhof Bern
geworfen und am nächsten Morgen ausgeschlafen...

FEMINISMUS UND LEBENSWEISE

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Wie hast Du den Aufstieg des Feminismus in der Gesellschaft erlebt? Hatte die entsprechende Veränderung der Verhaltensweisen Einfluss auf Deine Beziehung/Freundschaft? Hast Du eine Phase des persönlichen radikalen Umbruchs erlebt?
Den Aufstieg des Feminismus in der Gesellschaft habe ich positiv erlebt. Meine damaligen (und auch späteren) Freundinnen waren immer Feministinnen oder zumindest starke, emanzipierte Frauen. Deshalb habe ich eigentlich nie eine Phase des persönlichen radikalen Umbruchs erlebt.

Hast Du in einer Wohngemeinschaft und falls ja in welchem Typ WG gelebt? Habt Ihr da neue Lebensformen in der Beziehung und der Elternschaft ausprobieren wollen? Falls nicht, wie hast Du diese Entwicklungen neuer Lebensformen eingeschätzt?
Ich wohnte in Zürich während einiger Zeit in einer WG (2 Frauen, 3 Männer). Es war eine eher pragmatische WG, obwohl mit allen „wilden“ Sachen, die damals damit verbunden waren. Aber es war mitnichten ein Laboratorium für neue Lebensformen, was für mich auch nicht zuoberst auf der Prioritätenliste stand.

Wie hast Du das Gender-Verhältnis in der RML eingeschätzt (Präsenz, Rolle und Einfluss der Frauen in den Leitungsorganen, Wortmeldungen und Zugang der Frauen zur Ausarbeitung der politischen Linie und zu den RML-Publikationen)?
Das Gender-Verhältnis in der RML war mitnichten optimal. Präsenz, Rolle und Einfluss der Frauen in den Leitungsorganen, Wortmeldungen und Zugang der Frauen zur
Ausarbeitung der politischen Linie und zu den RML-Publikationen waren minim. Verglichen mit anderen Linksparteien (PdA, POCH, Maoisten) war die RML in diesem Bereich aber dennoch viel fortschrittlicher. Ich hatte aber viele gute Freundinnen, die lieber in der FBB aktiv waren, weil für sie die RML eine „Männerpartei“ war.

Wie hast Du das Engagement von einigen RML-Aktivistinnen in der Frauenbefreiungsbewegung (FBB/MLF) wahrgenommen, bei denen Männer ausgeschlossen worden sind?
Das Engagement von einigen RML-Aktivistinnen in der Frauenbefreiungsbewegung (FBB), bei denen Männer ausgeschlossen waren, hat bei mir zu interessanten,
ab und zu heftigen Diskussionen mit diesen Aktivistinnen geführt, mich aber eigentlich nie gestört.

REVOLUTION, GEWALT, INTERNE DEMOKRATIE
Hast Du die RML als eine Organisation wahrgenommen, die sowohl nationale als auch internationale Strukturen und Zielsetzungen hat? Hatte die IV. Internationale eine konkrete Bedeutung für Dich? Hast Du die Publikationen der IV. Internationalen und von Sektionen der IV. Internationalen von andern Ländern gelesen?
Ich habe die RML immer als eine Organisation wahrgenommen,
die sowohl nationale als auch internationale Strukturen und Zielsetzungen hatte. Die IV. Internationale hatte sowohl eine wichtige historische wie auch eine konkrete, aktuelle Bedeutung für mich. Ich habe die Publikationen der IV. Internationalen und von Ländersektionen stets mit grossem Interesse gelesen.

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Hast Du die BRESCHE, den MAULWURF allenfalls auch La Brèche und ROSSO gelesen? Was denkst Du heute über diese Publikationen und die verteilten Flugblätter?
Ich habe sämtliche Organe der RML (in allen 3 Sprachen) gelesen und ja selber auch Artikel verfasst. Es war natürlich alles sehr ideologisch geprägt (vor allem die Flugblätter), dennoch basierten die Artikel in den RML-Zeitungen (meistens) auf Zahlen und Fakten, wobei ich mich als professioneller Journalist immer darum bemüht hatte.

Hattest Du den Eindruck, das relativ kurzfristig bevorstehende Ende des Kapitalismus erleben zu können?
Das bevorstehende Ende des Kapitalismus? Nein, diese Illusion hatte ich nie, und ich glaube, dass auch die RML-„Führung“ (ausser einigen ideologisch „verblendeten“ Genossen) ehrlich nicht daran glaubte.

Was hast Du vom Begriff der „revolutionären Gewalt“ gehalten, wie ihn die IV. Internationale definierte? Erschien Dir der „bewaffnete (Befreiungs-)Kampf“ in gewissen politischen Kontexten notwendig? Welche Haltung hattest Du zum Konzept und den Handlungen „gewalttätiger exemplarischer Aktionen“
wie sie die Ultralinken in Deutschland und Italien v.a. entwickelt hatten?
Mir erschien der „bewaffnete (Befreiungs-)Kampf“ in gewissen politischen Kontexten notwendig (Vietnam, Palästina, portugiesische Kolonien, Nicaragua etc.). RAF- und BR-Aktionen habe ich (wie auch die RML) immer abgelehnt.

Warst Du im „Soldatenkomitee“aktiv? Wie beurteiltest Du die Entwicklung der pazifistischen Bewegungen und der Kriegsdienstverweigerer?
Ich war sehr aktiv im „Soldatenkomitee“. Hier war ich auf einer „harten Linie“: Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer – ok, chapeau, aber die Armee sollte von innen blockiert werden. Einige Erfolge gab es ja dank den Streiks in den Kasernen in den 1970er-Jahren (Oswald-Reform), wir hatten später in den WK’s mit koordinierten Aktionen auch „
Erfolge“: Ich durfte z.B. in einem WK einen Vortrag halten über den tödlichen Einsatz der Schweizer Armee gegen streikende Arbeiter in Genf!
Aber das war natürlich nur clevere Taktik der damaligen Armeeführung (es gab auch kein Exerzieren und keine anderen militärischen Disziplinschikanen mehr), die sich dann nach der 1980er-Jugendbewegung wieder knallhart veränderte. Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer konnten aber auch Erfolge verbuchen, u.a. die GSoA-Initiative zur Abschaffung der Armee (über 30% dafür). Heute ist infolge der Weltlage alles schwieriger geworden.

Hast Du den Eindruck, dass uns ein organisationsinternes demokratisches Funktionieren gelungen ist? Oder hast Du den Eindruck, dass es eine Kluft zwischen den „Chefs“ und den übrigen Mitgliedern gegeben hat? Gab es da allenfalls Unterschiede – je nach Sektor bzw. Sektion?
Das organisationsinterne demokratische Funktionieren der RML war
nicht optimal, verglichen mit allen anderen „linksextremen“CH-Parteien (PdA, POCH, Maoisten u.a.) aber sicher besser. Ja, es gab eine Kluft zwischen den „Gurus“
und den übrigen Mitgliedern. Unterschiede in den Sektoren und Sektionen gab es sicherlich. Das hing ganz bestimmt von den einzelnen Personen bzw. Persönlichkeiten ab.

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Wurdest Du aufgrund der RML-Mitgliedschaft Opfer der politischen Repression (Entlassung, Nichteinstellung, Nichtwahl usw.)? Wurdest Du fichiert und hast Du Deine Fiche eingesehen?
Aufgrund meiner RML-Mitgliedschaft wurde ich 1975 Opfer der politischen Repression in der Schweiz: Nach einem professionell erfolgreichen Stage bei der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) wurde ich aufgrund meiner RML-Mitgliedschaft nicht fest angestellt bzw. rausgeschmissen. Ich war 1975 das erste Journalistenopfer in dieser Periode des Kalten Krieges. Fichiert wurde ich während mehr als einem Jahrzehnt. Ich habe meine Fiche eingesehen und beim damaligen bundesrätlichen
Ombudsmann sogar einige Aufdeckungen von Spitzeln erreicht. Zum damaligen 1. Repressionsfall eines CH-Journalisten hier ein Link zur entsprechenden „10 vor 10“-Sendung von SRF 1 und zu einem „swissinfo“-Beitrag: http://www.ideesuisse.ch/261.0.html?&no_cache=1&L=0&tx_ttnews%5Bis_ope
n%5D=false&tx_ttnews%5Bswords%5D=sda&tx_ttnews%5Bstart_date%5D=01.01.1931&tx_ttnews%5Bend_date%5D=16.12.2014&tx_ttnews%5Btype%5D=all&tx_ttnews%5Border_by%5D=broadcast&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1722&tx_ttnews%5Blist%5D=1722%2C1103%2C359&tx_ttnews%5BbackPid%5D=115 http://www.swissinfo.ch/ger/fichenskandal-kaum-noch-ein-thema---zu-unrecht-/41154202

Hast Du auf die eine oder andere Weise eine formalisierte Tendenz, ein Nichteinverständnis, einen Konflikt oder gar einen Ausschluss aus der Organisation miterlebt, und wie hat sich dies abgespielt?
Nein, habe ich nicht.

DIE SAP UND DIE PROLETARISIERUNG
1980 wurde die RML zur SAP, zur Sozialistischen Arbeiterpartei. Wie hast Du diesen Namenswechsel erlebt? Hast Du insbesondere die „Neuausrichtung auf die Arbeiterklasse“, die „Proletarisierung“ genannt worden ist, erlebt, allenfalls auch mit persönlichen Konsequenzen für Dich selbst?
Den Namenswechsel von RML zu SAP habe ich ein bisschen als opportunistisch empfunden. Natürlich, „Revolutionäre Marxistische Liga“ (RML) war ja schon „krass“, vor allem in einem Land wie der Schweiz. Aber „Sozialistische Arbeiterpartei“ (SAP) war ja auch nicht gerade ein Hit, zwar harmloser als RML, aber ziemlich realitätsfremd. Ehrlich gesagt, die „Neuausrichtung auf die Arbeiterklasse“, die „Proletarisierung“ anfangs der 1980er-Jahre war schlicht – eine Fehleinschätzung.
Das dachte ich schon damals, hatte aber irgendwie keine Lust, mich gross dagegen zu engagieren.

EV. AUSTRITT AUS DER RML – ENDE DER RML/SAP
Falls Du die RML aus eigenem Antrieb verlassen hast, kannst Du die Gründe und Umstände des Austritts beschreiben (politische Kritik, Überdruss vom Aktivismus, Änderung der Lebensweise/Tätigkeit usw.)?

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Ich habe die RML/SAP nicht aus eigenem Antrieb verlassen. Aber natürlich spielten der Überdruss an Aktivismus und vor allem die Änderung der beruflichen und familiären Lebenssituation (Familie mit 2 kleinen Kindern) eine Rolle in Richtung Herunterfahren der Aktivität.

Falls Du bis zum Ende der RML/SAP 1987 Mitglied gewesen bist, wie hast Du die formelle Auflösung der Organisation erlebt – auf persönlicher Ebene und als AktivistIn? Fühltest Du Dich an diesem finalen Entscheid beteiligt?
Die formelle Auflösung der RML/SAP1987 war für mich die logische Folge der generellen politischen Situation in der Schweiz. Persönlich war da natürlich ein bisschen Wehmut, als Aktivist fühlte ich mich indessen erleichtert, „befreit“. Ich fühlte mich nicht direkt beteiligt am Auflösungsentscheid, doch war dies ein wahrscheinlich für alle nachvollziehbarer und richtiger Schritt.

NACH DER RML/SAP
Hattest Du den Eindruck, dass es Dir möglich war, in anderer Weise, in andern Organisationen Dein Engagement weiterzuführen? Hast Du frühere RML/SAP-AktivistInnen in andern Organisationen wiedergefunden?
Mein politisches Engagement ging nach der Auflösung der RML/SAP nicht verloren. Ich habe es auf andere Weise, in meinem Beruf als Journalist, eingebracht, aber auf differenziertere Art und Weise. Dadurch habe ich auch immer wieder Ex-RML/SAP-AktivistInnen (in verschiedenen relevanten beruflichen Positionen) wieder gefunden.

Wie hat sich diese Nach-RML/SAP-Periode abgespielt: „normale Wiedereingliederung“ in die Gesellschaft; plötzliche Leere; Suche nach einer alternativen politischen Lösung; Aufgabe des aktiven politischen Lebens usw.?
Die Nach-RML/SAP-Periode war für mich kein Problem: Ich war während meiner ganzen RML/SAP-Aktivität nie ausserhalb der Gesellschaft, es war also keine „Wiedereingliederung“ nötig, von plötzlicher Leere oder Aufgabe ganz zu schweigen. Ich glaube, dass man auch ohne linke Parteimitgliedschaft politisch linke Aktivitäten realisieren kann.

A POSTERIORI ...
Wie beurteilst Du die Hauptlinien des revolutionär-marxistischen Projekts in dieser Epoche (Begriff der „Vorhut“, Aufbau einer revolutionären Partei, Dialektik der drei Sektoren der Weltrevolution, usw.)?
Aus heutiger Sicht beurteile ich die Hauptlinien des revolutionär-marxistischen Projekts in dieser Epoche (Begriff der „Vorhut“, Aufbau einer revolutionären Partei, Dialektik der drei Sektoren der Weltrevolution, usw.) natürlich kritisch. Aus damaliger Sicht ist es ein bisschen anders: Die politische Situation war geprägt von einer bürgerlichen, gesellschaftlich verkrusteten, reaktionären, kapitalistischen Schweiz, inmitten des Kalten Krieges. Der Begriff der „Vorhut“war mir zwar schon damals nicht ganz genehm, doch war ich überzeugt von der Notwendigkeit einer „revolutionären Partei“, da Sozialdemokratie und Gewerkschaften aus meiner Sicht voll im System integriert waren (was auch heute noch zu einem gewissen Grad stimmt). Und die „Dialektik der drei Sektoren der Weltrevolution“ war auch plausibel, für mich vor allem der Befreiungskampf in der Dritten Welt gegen Imperialismus und Kolonialismus.

Wie beurteilst Du generell Dein Engagement innerhalb der RML/SAP? War es auf der persönlichen Ebene nur eine Fussnote in Deiner Biografie? Zogst Du eine positive Bilanz für Dein weiteres Leben? Und glaubst Du, dass wir auf der
„historischen Ebene“ (ein gewagter Begriff) Spuren hinterlassen haben, etwas zum Gang der Entwicklung der damaligen radikalisierten oder revolutionären Bewegungen beitragen können?
Mein Engagement innerhalb der RML/SAP war auf der persönlichen Ebene keineswegs nur eine Fussnote in meiner Biografie. Denn dabei entstand mein analytisches, dialektisches, historisches Denken, das politische Bewusstsein - alles wichtige Errungenschaften für mein langjähriges Berufsleben als Journalist.
„Historische Spuren hinterlassen“: Na ja, das ist, glaube ich, ein bisschen zu
grossspurig. Dennoch: Die RML/SAP hat sicher etwas zum Gang der Entwicklung der damaligen radikalisierten oder revolutionären Bewegungen beigetragen.

Zu guter Letzt: Wo stehst Du politisch gesprochen heute? Falls Du Dich aus der Politik zurückgezogen hast, wie begründest Du dies?
Ich stehe heute (auch als Rentner...) politisch sicher immer noch links. Ich bin zwar nicht Mitglied einer Partei (SP, AL, GPS etc.), aber immer noch Mitglied der Mediengewerkschaft SSM.
Abstimmungen, politische Aktionen, Demos, auf persönlicher Ebene: Das Herz schlägt immer noch links
...
Hast Du eine Anekdote zu erzählen, oder eine Erinnerung, die Dir besonders am Herzen liegt oder ein besonderer Erfolg, eine besondere Niederlage, eine für Dich wichtige Erinnerung?
Mehr als nur eine Anekdote war meine erste Begegnung als Journalist 1994 mit Südafrikas Staatspräsident Nelson Mandela in Kapstadt: http://www.jmberthoud.com/jean-michel_berthoud/translation_and_cons
ulting.html
Das war für mich als Aktivist der Schweizer Anti-Apartheid-Bewegung AAB natürlich ein
Riesenerfolg. Die ganze Fichengeschichte (s. weiter oben) – obwohl mit negativen beruflichen Konsequenzen - habe ich eigentlich nicht als Niederlage empfunden, sondern als knallharte historische Realität der damaligen Schweiz.
Namensnennung ist ok.
Zürich, 08.03. 2016
Jean-Michel Berthoud

Berthoud Jean-Michel

Bürkler Christof, Zeugnis

Bürkler Christof, 25.2.1951,
Eltern Kleinbauern in Rorschach, Unterhalt der Familie mit «Nebenerwerb», katholisch konservative Familie (1 Bruder, 2 Schwestern).
Gymnasium mit Matura 1972 im Internat Karl Borromäus in Altdorf. Theologiestudium in Fribourg (abgebrochen). Umzug nach Basel: Ciba-Arbeiter, Bauarbeiter, Lehre als Maurer, einige Jahre Maurer, Studium der Philosophie und Geschichte in Basel und Zürich (nicht abgeschlossen). Umzug von Basel (1986) in die Ostschweiz: Arbeit auf dem Betrieb der Eltern / des Bruders (Schweinehaltung, Schwei- nezucht). Heute Pension mit Ergänzungsleistungen.
Austritt aus der RML/SAP Ende 1980er Jahre in St.Gallen, in St.Gallen Aktivitäten im Gruppenvor- stand der Unia.

Bürkler Christof

Diethelm Urs, Zeugnis

Mutter Apothekerin und später Studium in Urgeschichte, Vater Primarlehrer, vor seiner Pensionierung Schulhaus-Vorsteher; geboren und aufgewachsen in Riehen/Basel. Als Gymnasiast Beitritt zum Maulwurf und dann zur RML; nach politisch motiviertem Rausschmiss aus Gymnasium (schon als Maulwurf und RML-Mitglied) von 19 bis 25 Jahren Jungendsekretär der RML/SAP (Gründungszeit der Revolutionären Sozialistischen Jugend (RSJ/JSR), die aus den Maulwurfgruppen entstanden ist).
Nach verschiedenen Berufsverboten Lehre und Arbeit als Zimmermann in Schaffhausen, dann Meister und Bauführer-Weiterbildung an der Fachhochschule. Mitarbeit in den Soldatenkomitees, wegen später Dienstverweigerung (letzter WK). 1 Jahr Bauführer für den Bau eines Gewerkschaftshauses in Guatemala, dann Bauführer in verschiedenen Architektenbüros in der Schweiz und zuletzt 1 Jahr als Geschäftsführer in einer gewerkschaftseigenen Schreinerei/Zimmerei.
Seit dem 42. Lebensjahr IV-Rentner wegen Krankheit, als Rentner Gewerkschaftsvertreter in der EKAS-Bau, Laienrichter am Arbeitsgericht und fast Fulltimer in politischen Aktivitäten.

Urs Diethelm

Federer Matthias, Zeugnis

F. M., 15.02.1951, geboren und aufgewachsen in R. (Kanton SG), als dritter von vier Söhnen von J.F., 1916 –1999, Kaufmann, Verwalter landw. Genossenschaft Goldach, und M. -M. F-F., 1917 –1996, Hausfrau, teilzeit berufstätig in der Genossenschaft. (Mein Vater hat alle Familiendokumente und –korrespondenz, Gästebücher, Fotos, Kassabücher etc. aufbewahrt, was vor ihm teilweise auch mein Grossvater väterlicherseits (K.F., 1881-1949) getan hat. Da das Staatsarchiv St. Gallen Interesse an diesem Nachlass zeigte, ist er seit zwei Jahren dort archiviert.)
Ab 1965 Gymi in St. Gallen, klassisch (mit Griechisch). In der Kantonsschule St. Gallen war ich massgeblich beteiligt an der Auseinandersetzung um eine Schülerzeitung 1969 und an der „Aktion Rotes Herz“ 1970. Mitglied der Gruppe „basis“ und Mitarbeit am „Roten Gallus“. Teilnahme an „Antiintegrationskursen“ (Theo Pinkus, Bertold Rothschild). Unterlagen dazu ebenfalls im Staatsarchiv St. Gallen (http://scope.staatsarchiv.sg.ch/detail.aspx?ID=388544 und http://scope.staatsarchiv.sg.ch/detail.aspx?ID=637026
Wohnsitz und Studium ab 1971 in Zürich (Klinische Psychologie,Psychopathologie und Pädagogik), Teilzeitarbeit (2 Nächte/Woche) als „Umlader“ auf der Sihlpost Zürich, schon vorher auf der Post St. Gallen. Mitglied der bresche-Hochschulgruppe und RML in Zürich. Abschluss des Studiums mit Lizentiat 1977. 1977 bis 1979 Jugendhausleiter Adliswil (50%-Job).
Ab 1981 Schulpsychologe (bis 2001 in Dietikon) meist in Teilzeit (60 bis 75%) bis 2003, unterbrochen von einem Forschungsjahr in Dresden (1996/97). Heute Dr. phil. Psychotherapeut für Kinder, Jugendliche, Paare und Erwachsene in eigener Praxis Zürich. Ab 2010 verheiratet, ab gleichem Jahr Vater eines Buben, übernehme mindestens 50% der Betreuung, „gemeinsam erziehend“.

Mann

Gähler Ueli, Zeugnis

Ueli Gähler, geboren am 7. Januar 1953. Ich wuchs als ältestes von vier Geschwistern in einer protestantischen klein- und bildungsbürgerlichen Familie in der Gemeinde Maur bei Zürich auf und besuchte das Literargymnasium in Zürich. Anfangs 1972 kam ich als knapp 19-Jähriger zur RML und zum Maulwurf. Mein Pseudonym war „Sebastian Tunichtgut“ oder „Sebi“. 1974 besuchte ich als Mitglied des Soldatenkomitees die Rekrutenschule in der Kaserne Zürich. 1975 zog ich im Auftrag der Partei nach Basel, wo ich in der Bewegung gegen das geplante AKW (Atomkraftwerk) Kaiseraugst und am Aufbau der RML-Sektion beteiligt war und nebenbei Geschichte und Philosophie studierte. Ich war Mitglied des ZK (Zentralkomitee) der RML und hatte Aufgaben in der nationalen Jugendarbeit. Nach dem Lizenziat 1980 machte ich bei Roche in Basel eine IT-Ausbildung und versuchte, eine Angestelltengruppe der Gewerkschaft aufzubauen, wurde aber 1982 entlassen. Nach dem Austritt aus der SAP 1983 machte ich eine Karriere als Informatiker in der Assekuranz, wo ich es bis zum Vizedirektor schaffte. Ich bin heute frühpensioniert und nach 30 Jahren Unterbruch politisch wieder aktiv in einer NGO, die die Schweizer Konzerne in der Dritten Welt beobachtet. Ich bin seit 35 Jahren mit meiner Partnerin zusammen und habe keine Kinder.

Gähler Ueli

Huber Peter, Zeugnis

Huber, Peter, geb. 26.7. 1954 in Zürich.
Ich bin Sohn eines typischen Aufsteigers der Nachkriegsjahre: Mein Vater, geboren in einer stockkatholischen Familie in Zug, studierte Staatswissenschaften und gründete zu Beginn der 60er Jahren in Zürich ein Treuhandbüro, das florierte und bald 8 Angestellte hatte. Mit meinen beiden Schwestern und mir ging er grosszügig um, sowohl was die jugendlichen Freiheiten, politische Gedanken als auch Sackgeld und überhaupt Auslagen betraf. Die Mutter, aus bescheidenem Milieu und ohne Ausbildung, war strenger.
Bei Eintritt in die RML (das muss Sommer 1973 gewesen sein) wohnte ich bei den Eltern (Einfamilienhaus in Baar), besuchte die Kantonsschule Zug, wo ich im Sommer 1974 die Matura (Latein) machte. Danach Studium der Geschichte und franz. Literatur in Zürich, ein Studiensufenthalt in Paris (1979) und in Granada (1983), abgeschlossen mit dem Doktorat (Zürich, 1986).
Seit 1997 Privatdozent an der Uni Basel, seit 2002 getrennt lebend von meiner Frau, von der ich zwei Kinder habe.

Huber Peter

Kreuzer Roland, Zeugnis

Mein Name ist Roland Kreuzer, geboren am 21. August 1956 in Trimbach SO. Mein Vater war zuerst Schriftsetzer und dann Korrektor in Olten, meine Mutter stammte aus einer Innerschweizer Bauernfamilie und lernte Krankenschwester. Katholisches Arbeitermilieu, würde ich sagen.

Kreuzer Roland

Lang Jo, Zeugnis

Lang, Josef, 29.04.1954, Bauernfamilie, Zug Primarschule Aristau (5 Jahre) / Bezirksschule Muri (4 Jahre) / Kollegium Sarnen (1 Jahr, Rauswurf wegen „fremder Weltanschauung“), Kantonsschule Zug (2 Jahre, Matura 1973), Uni Zürich (1973 bis 1981): Geschichte, Philosophie, Literatur, Lizenziat 1980, Dissertation 1981 über „Nationale und soziale Bewegung im Baskenland unter dem Frankismus“. Gründung der Zuger RML-­‐Sektion 1973; ledig, keine Kinder, wegen Berufsverbot in Innerschweiz und an Uni Zürich seit 1982 (Teilzeit-­‐)Lehrer an Baugewerblicher Berufsschule in Zürich, Ferienjobs in Industrie und auf Bau, seit 1976 journalistische Nebentätigkeit (v.a. „Tages-­‐Anzeiger“), 1980 bis 1992 Bresche-­‐Redaktor.

Lang Jo

Pedrina Vasco, Zeugnis

Vasco Pedrina, 1950. Informationen zu meinem Werdegang finden sich in der Geleitschrift zu meinem Rücktritt als Unia-Co-Präsident (2006).
Ich bin in Airolo – zusammen mit 5 Geschwistern - in einer typischen „Gewerbler-Familie“ aufgewachsen. Nach der Primarschule in Airolo und 2 Jahren Gymnasium in Biasca, wurde ich in die Handelsschule nach Bellinzona geschickt. Damaliges Ziel meiner Eltern war, mich auf die Übernahme der Bäckerei vorzubereiten. Die 68er-Bewegung kam dazwischen und so wurde dieser Plan in Frage gestellt. Nach der Handelsmatura (1969) studierte ich an der Uni Freiburg Volkswirtschaft (Abschluss:1973).
Im Jahr 1972 habe ich geheiratet. Mit der ersten Lebenspartnerin, die später auch eine aktive RML- Genossin wurde, bin ich 7 Jahre zusammen geblieben. 1988 habe ich meine zweite Lebenspartnerin kennengelernt. Mit ihr lebe ich noch heute zusammen. Wir haben zwei Kinder grossgezogen.
In der Bäckerei meines Vaters habe ich früh arbeiten gelernt: ich verbrachte dort fast alle meine Schulferien. Ich war ein stolzer Bergler und lebte auch so, sehr engagiert in den Sportvereinen des Dorfes: Fussball, Hockey, Bergsteigen, Skifahren und Gymnastik. Mein Vater war ein anständiger Patron: Den Dualismus Arbeit-Kapital habe ich aber schon in der Bäckerei gespürt. Von unseren italienischen und türkischen Bäckern begann ich die Sicht von unten zu erfahren. Manchmal stand ich vor Loyalitätskonflikten. Mein Vater war im Dorf ein links-liberaler Oppositioneller. Die Werte der französischen Revolution habe ich von der Familie gelernt. Insofern war mein weiterer politischer Werdegang kein echter Bruch mit der Vergangenheit. Zum Marxismus und zum sozialen und politischen Engagement, die mein ganzes Leben geprägt haben, bin ich vor allem dank einem Pfarrer, einem Kriminellen (einem Revolutionär auf Abwegen) und der ganzen 68er-Bewegung gekommen. Der junge linke Pfarrer im Dorf hat mich Mitte der 60er Jahre zur Lektüre der katholischen Revue „Dimensioni“ motiviert, die sich intensiv mit dem Marxismus befasste (Später war von der Befreiungstheologie die Rede). Der „Kriminelle“ war Pietro Cavalleri. Der Film „La banda di Milano“ und ein Buch von einem seiner Gefährten erzählen seine Geschichte. Als ich mit ihm in Kontakt getreten bin, war er im Gefängnis von Porto Azzurro auf der „Isola d’Elba“ (eine bedrohliche Festung aus dem Mittelalter) in Isolationshaft und lebenslänglich. Deswegen konnte ich ihn auch nie treffen. Er und seine Bande hatten 4 oder 5 Menschen auf ihrem Gewissen, die bei ihren Hold-up in Bankinstituten Norditaliens in der 1. Hälfte der 60er Jahre getötet wurden. Er war ein Vorgänger der Brigate Rosse, zuerst Mitglied der KPI/PCI. Wir haben einige Jahre lang einen Briefaustausch gepflegt. Er erzählte mir von seinem Werdegang, er schrieb mir, dass , wenn der „Autunno caldo“ und die ‚68 Bewegung nur ein paar Jahre vorher gekommen wären, er nie einen solchen Weg gewählt hätte. Er betrachtete es als grössten Fehler seines Lebens, zu glauben, dass das kapitalistische System mit solchen Methoden gesprengt werden könnte, und er bereute zu tiefst, das Leben von Menschen und ihrer Familie ruiniert zu haben. In der Zeit als wir uns schrieben, bewegte er sich vom Marxismus zurück zum linken Katholizismus; ich habe mich damals in die Gegenrichtung bewegt. Dieser Briefaustausch war für mich prägend. Vielleicht hat es dazu beigetragen, dass ich doch immer eine gewisse Vorsicht gegenüber revolutionären Träumereien und eine gewisse Skepsis gegenüber Sektierern jeglicher Art in der RML und anderswo hatte.

Pedrina Vasco

Ringger Beat, Zeugnis

Ringger Beat, 27.6.1955
Der Vater war Berufsschullehrer, die Mutter hat als Chefsekretärin gearbeitet. Beide haben ein abgeschlossenes Studium.
Wohnort zum Zeitpunkt des RML-­‐Beitritts war die Stadt Zürich bis 1983, danach Stadt Winterthur bis 1987, danach Winterthur Land bis 1999, danach wieder Zürich bis 2012, heute Aarburg (bei Olten). Ledig in dauerhafter Partnerschaft, keine Kinder.
Nach der Matur Oberseminar (Ausbildung zum Grundschullehrer), 3 Jahre Tätigkeit als Primarlehrer, danach zwei Jahre Studium der Wirtschaftsgeschichte, Abbruch und Aufnahme einer zweijährigen informellen Ausbildung im Bereich Maschinenmechanik, danach zwei Jahre Betreuer in einer Behindertenwerkstatt.
Anschliessend drei Jahre Studium Elektroingenieur HTL (Fachhochschule), danach 12 Jahre bei IBM Schweiz als Systems Engineer und Ausbildner, dann drei Jahre bei SMUV/GBI als Projektleiter „Gewerkschaftshaus“ (mündete in die Gründung der Unia), anschliessend ein Jahr Projektleiter //Syndikat (online-­‐Gewerkschaft).
Seit 2003 Zentralsekretär des VPOD (verantwortlich für den Gesundheitsbereich) und geschäftsleitender Sekretär des Denknetz.
Seit 2015 teilpensioniert beim VPOD; Weiterarbeit als Denknetz-­‐Geschäftsleiter.

Ringger Beat

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